Die Glockenblumen (Campanula) sind die größte Pflanzengattung in der Familie der Glockenblumengewächse (Campanulaceae).
Beschreibung
Vegetative Merkmale
Glockenblumen-Arten sind meist ausdauernde krautige Pflanzen, nur wenige Arten sind ein- oder zweijährig. In der großen Gattung gibt es sowohl polsterbildende als auch bodendeckende Arten. Die Laubblätter der meisten Glockenblumen-Arten weisen am Blattrand kleine weiße Drüsen auf. Nebenblätter fehlen.
Generative Merkmale
Die Blüten stehen meist in traubigen oder zymösen Blütenständen.
Die zwittrigen Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kelchblätter sind an ihrer Basis verwachsen. Die fünf Kronblätter sind röhrig oder glockenförmig, zu den typischen „Glocken“, verwachsen, meist sind die Spitzen frei, diese werden traditionsgemäß als „Kronzipfel“ bezeichnet. Die vorherrschenden Farben der Blütenkronblätter sind verschiedene Blautöne, lila oder weiß, seltener blühen sie hellgelb. Bei allen Arten kommen gelegentlich Individuen mit weißer (statt blauer) Krone vor. Es ist nur ein Kreis mit fünf fertilen Staubblättern vorhanden. Drei bis fünf Fruchtblätter sind zu einem unterständigen Fruchtknoten verwachsen.[1]
Es werden Porenkapseln ausgebildet, eine auf nur wenige Gattungen beschränkte Unterform der Kapselfrüchte. Die vielen Samen werden durch Löcher ausgestreut.
Ökologie
Glockenblumen-Arten sind meist protandrisch. Zuerst wird der Pollen an den Griffelhaaren abgelagert, danach verwelken die Staubbeutel und die Insekten können den Pollen vom Griffel absammeln.
Glockenblumen-Arten sind Wind- und Tierstreuer (Semachorie, einer speziellen Ausbreitungsstrategie von Pflanzen).
Standortbedingungen
Glockenblumen-Arten besiedeln verschiedenste Standorte. In Europa kommen sie auf Wiesen, an Waldrändern, Wegrändern oder an Felsstandorten vor. Auch im Hochgebirge in Höhenlagen oberhalb von 2000 Metern sind zahlreiche Glockenblumen-Arten zu finden.[2]
Systematik und Verbreitung
Der Gattungsname Campanula wurde 1753 durch Carl von Linné in Species Plantarum[3] erstveröffentlicht. Der botanische Gattungsname Campanula bedeutet Glocke, Glöckchen und ist auf die Blütenform bezogen. Als Lectotypusart wurde 1913 Campanula latifolia L. festgelegt.[4]
Mehrere phylogenetische Studien haben unabhängig voneinander gezeigt, dass Campanula paraphyletisch oder polyphyletisch, also keine natürliche Gruppe ist.[8][5][9] Eine neue Klassifikation, die die Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Gattung berücksichtigt, gibt es noch nicht. Da bisher etwa 90 Arten in phylogenetischen Studien untersucht worden sind, müssen weitere Studien mit einer sehr viel größeren Anzahl von Arten abgewartet werden. Siehe hierzu die ausführliche Diskussion in Roquet et al. (2008)[5] sowie Borsch et al. (2009).[9] Die Paraphylie oder Polyphylie von Campanula legt weiterhin nahe, dass die Ähnlichkeiten im Blütenbau durch konvergente Anpassungen an Bestäuber entstanden sind.
Die Gattung Campanula ist fast weltweit verbreitet. Campanula-Arten gedeihen hauptsächlich von arktischen bis in gemäßigte Gebiete der Nordhalbkugel. Am häufigsten kommen Campanula-Arten vom Mittelmeerraum bis zum Kaukasusraum vor.[10] In europäischen Hochgebirgen (Alpen, Kaukasus) kommen besonders viele Arten vor, die nur dort zu finden sind. Campanula ist weiterhin die Gattung mit den meisten kleinräumig verbreiteten Arten in Europa.[2] In China kommen über 22 Arten vor, 12 davon nur dort.[10]
In unserer Region sind folgende Glockenblumenarten vertreten:
Bärtige Glockenblume
Von User:Tigerente - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1504532
Lanzettblättrige Glockenblume
CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=534854
Filz-Glockenblume
Von Le.Loup.Gris - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=15739283
Borstige Glockenblume
Von Dag Lindgren - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=607030
Knäuel-Glockenblume
Von Dag Lindgren - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1172710
Breitblättrige Glockenblume
Von Sergey M. Sazhin – Sazhin64 - Eigenes Werk, GPL, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=644895
CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=144917
Pfirsichblättrige-Glockenblume
Von Joanne Bergenwall Aw - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=7264160
Von Anneli Salo - Selbst fotografiert, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4319502
Von Fornax - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4172208
Von H. Zell - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=9419005
Nesselblättrige Glockenblume
Es wird angenommen, dass es sich um ein eigenes Werk handelt (basierend auf den Rechteinhaber-Angaben)., CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=494326
Nutzung als Zierpflanze
Einige Arten werden als Zierpflanzen für Beete, Pflanzgefäße und einige Arten sogar für kühle Räume als Zimmerpflanzen verwendet. Von einigen Glockenblumen-Arten werden Sorten gärtnerisch den Steingartenstauden zugeordnet, da ihre Laubblätter die Wärmeabstrahlung der Gesteine gut vertragen.
In Kultur ist eine große Anzahl Hybriden und Auslesen entstanden.
Sorten (Auswahl):
- Samenvermehrbare Sorten: ‘Blaue Clips’, ‘Weiße Clips’. Weitere Sorten: ‘Karpatenkrone’ (hellblau), ‘Karpatenglocke’ (dunkelviolett, 20 bis 30 cm).
- Sorten von Campanula portenschlagiana (bedeckend): ‘Birch Hybrid’ (dunkelviolett, wüchsig), ‘Resholt’ (tiefviolett, nachblühend).
- Sorten von Campanula poscharskyana (starkwüchsig): ‘Blauranke’ (hellblau), ‘E. H. Frost’ (weiß), ‘Stella’ (dunkelviolett).